Urs Mannhart

Urs Mannhart

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Urs Mannhart

Liegt Ihnen daran, unterwegs in der Eisenbahn eine Postkarte zu verfassen, aber es fehlt Ihnen eine Schreibunterlage?

Wünschen Sie, wenn Sie glücklich und erschöpft von einem langen, auf staubigen Wegen zugebrachten Tag im Zelt liegen, ein üppigeres Kissen als jenes, das sich mit Ihrem gefalteten Pullover bilden lässt?

Empfänden Sie es als beglückend, bisweilen ein blühendes Gras, entdeckt auf einem Spaziergang, ein Exemplar des robusten Rotschwingels vielleicht, mit fein begrannten Ähren, oder, etwas zarter, ein Alpen-Rispengras mit viviparem Blütenstand in seiner Schönheit zu erhalten und also zu trocknen und zu pressen?

Wackelt Ihnen am städtischen Straßenrand manches Mal der Bistrotisch und Sie wünschten, Sie könnten etwas unter das kürzeste Tischbein klemmen, auf dass die Welt im Nu ihre Schieflage verließe und sich Ihnen klare Sicht böte auf Kaffee und Kontinuitäten?

Sollten Sie dazu neigen, diese Fragen mit einem Ja zu beantworten, so ist klar: Sie benötigen ein Buch.

Wer sich mit den Erschütterungen befasst, die sich in den Alpen nach baulichen Eingriffen zeigen, dem fällt immer wieder auf, wie deutlich diese Gebirgszüge einem menschlichen Körper ähneln, der behandelt wird mit Akupunktur.

aus Gschwind oder Das mutmaßlich zweckfreie Zirpen der Grillen

Bücher

Reportagen

Lesungen

Keine bevorstehenden Lesungen.

Vergangene Lesungen:

Bern – 26. Mai 2024

Wie schreibe ich das schönste Komma?
Workshop im Rahmen des True Story Festivals.
Um 10h30 im Polit-Forum Bern, Käfigturm.
Details und Anmeldung: https://truestoryfestival.org/

Zürich – 13. März 2024

19h00, sogar theater, Josefstrasse 106, 8005 Zürich
Lesung aus: "Sauweilig". Eine Reportage, die der Frage nachgeht, ob Schweine, nicht anders als Menschen, an Langeweile leiden können - und wie sich dies mit wissenschaftlichen Methoden untersuchen lässt.

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Am offenen Fenster stehen. Ewig hast du schon an diesen offenen Fenstern gestanden, mit zusammengekniffenen Augen in die leere, freie, nicht auskühlende Nacht hinausgespäht und den Wind in die Gesichtshälften fahren lassen.

aus Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola

Vitamine

Urs Mannhart, geboren 1975, lebt als Schriftsteller und Biolandwirt in der Schweiz.

Er hat Zivildienst geleistet bei Grossraubwildbiologen und Drogenkranken, hat ein Studium der Germanistik und der Philosophie abgebrochen, ist lange Jahre für die Genossenschaft Velokurier Bern gefahren, war engagiert als Nachtwächter in einem Asylzentrum und absolvierte auf Demeter-Betrieben die landwirtschaftliche Ausbildung.

Mannhart beschäftigt sich mit Tierphilosophie, dem bedingungslosen Grundeinkommen, mit Suffizienz und entschleunigter Mobilität – allerdings fährt er auch Ultra Cycling-Rennen, wo es durchaus um Tempo geht.

Für sein literarisches Werk erhielt er eine Reihe von Preisen, darunter den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis 2017. Im selben Jahr war er zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb eingeladen; sein Text stand auf der Shortlist.

Viele seiner Reportagen sind entstanden in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Beat Schweizer und der Übersetzerin Jelena Ilinowa.

Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola
Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola
Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola

Ratlos stehst du auf dem Bahnsteig, auf rissigem Asphalt, auf dem sich Gras zu wachsen entschlossen hat, dürres, sandfarbenes Kraut, darin verfangen das Gestümmel der Zigaretten. Die Büschel harren einem nächsten, weit entfernten Niederschlag und nähern sich mit jeder Stunde, in der dieser ausbleibt, der Farbe des Belags, terra cotta, rissig wie der sandlose Wüstenboden der Lop Nor, versengt vom Stahlschwert der Sonne, überzogen von glühend wälzenden Windwogen. Hier in Domodossola aber regnet es hin und wieder wenige Tropfen, immer dann, wenn der Buffetier mit seinem roten Zuber auf dem Bahnsteig erscheint und das mattschwarz-schaumlose Spülwasser über die abfallübersäten Schottersteine kippt, sodass einige Spritzer danebengehen.
Dass sie nach Hefe riecht und dass du ihr dies gleich gesagt hast.

Aus:

Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von Domodossola
– Bilger Verlag, Zürich 2006, ISBN 9783908010821
Gebunden, 155 Seiten, www.bilgerverlag.ch